Verhaltenstherapie

Die Verhaltenstherapie ist das Verfahren, das in den psychotherapeutischen Praxen in Deutschland am häufigsten zum Einsatz kommt. Sie ist im Vergleich zu anderen Verfahren wissenschaftlich besonders gut erforscht und gehört zu den wenigen Verfahren, mit denen ein Therapeut in Deutschland überhaupt seine Approbation (Zulassung als Psychotherapeut) erlangen kann.

Ursprünglich ging es in ihr tatsächlich um reine Verhaltensanalysen und Verhaltensänderungen mit Hilfe von dem sog. klassischen und auch operanten Konditionierung. Sehr naiv und gleichzeitig selbstbewusst ging man zunächst davon aus, so quasi sämtliche psychischen Probleme und Störungen lösen und heilen zu können. Die praktische Wirklichkeit war allerdings eine andere, was Vertreter der Verhaltenstherapie auch immer wieder eingestanden. So gab es etwa im 10-Jahres-Rhythmus grundlegende Erweiterungen und Neuentwicklungen, die jeweils als neue „Welle“ bezeichnet wurden.

1. Welle (1950er Jahre): Auf Basis von Konditionierung bis heute vor allem im Einsatz gegen Ängste und Phobien erfolgreich. Auch im Einsatz zum Erreichen gewünschter Lern- und Erziehungsziele. Oft als unmenschlich, kalt, distanziert und manipulativ kritisiert.

2. Welle (1960er Jahre): Einbeziehung von Konzepten der Sozialpsychologie. Daraus Entwicklung von Trainingsprogrammen zur Förderung sozialer Kompetenzen.

3. Welle (1970er Jahre): Erkennen, dass Kognitionen (Gedanken) starken Einfluss auf Emotionen (Gefühle) haben. Analyse und Beeinflussung derjenigen Kognitionen, die das Erreichen von Veränderungszielen behindern. Die hier entwickelten Verfahren werden auch Kognitive Verhaltenstherapie genannt.

4. Welle (1980er Jahre): Erkennen, dass Gedanken zwar Einfluss auf Emotionen haben, dass Emotionen aber auch ihrerseits Gedanken und direkt das Verhalten beeinflussen können, dass die Beeinflussung also in beide Richtungen stattfindet. So wird z.B. in der (von mir sehr geschätzten) Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT) versucht, direkte Einflussmöglichkeiten auf Emotionen zu ermöglichen. Besonders erfolgreich werden diese Möglichkeiten in der Behandlung von Borderline-Patienten eingesetzt.

5. Welle (1990er Jahre): Entwicklung sog. störungsspezifischer Therapieprogramme. Hiermit sollte vor allem eine Auflage der Gesundheitspolitik (die für jede Störung einzeln Wirksamkeitsnachweise forderte) erfüllt werden. Entstanden sind viele sehr umfangreiche Manuale, die wohl kaum ein Therapeut in der Praxis ein zu eins und schon gar nicht vollständig umsetzt. (Sehr wohl sich aber durch sie anregen lassen kann.)

6. Welle (ab 2000): Erkennen der Bedeutung der individuellen Konstitution. Genetische Aspekte, pränatale und frühkindliche Prägungen, negative, wie positive relevante Lebenserfahrungen etc. werden in der Therapie erfragt und berücksichtigt.

Damit beachtet die Verhaltenstherapie inzwischen ähnliche Wirk- und Einflussfaktoren, wie sie in der Neuro-Linguistischen Psychotherapie schon 20 Jahre früher erforscht und für relevant befunden wurden. Das Menschenbild und das therapeutische Selbstverständnis unterscheidet sich dennoch bei beiden Verfahren grundlegend. Die Verhaltenstherapie sehe ich vor allem in der Nähe der Naturwissenschaft angesiedelt, immer auf der Suche nach dem Messbaren – was dann in der Praxis aber oftmals nicht so gut wie erhofft funktioniert. Die Neuro-Linguistische Psychotherapie wandelt dagegen flexibel zwischen Natur- und Geisteswissenschaft, erkennt die Qualitäten beider Zugangsmöglichkeiten zur Welt und zum Menschen an, versteht sich oftmals sogar als „Kunst“, das Intuitive hat seinen festen Platz in ihr. Begriffe wie Unbewusstes, Identität oder Seele haben (zumindest bisher) in der Verhaltenstherapie keinen wirklichen Platz, in der Neuro-Linguistischen Psychotherapie sehr wohl.

Ich bin ausgebildeter Verhaltenstherapeut für Kinder und Jugendliche bis 21 Jahre, was auch die Konzepte für Erwachsene beinhaltet. Meine verhaltenstherapeutischen Ausbildung hat mir zusammen mit meiner Approbation auch den Eintrag ins deutsche Arztregister ermöglicht. Trotzdem bin ich mit der Verhaltenstherapie bis heute nicht wirklich warm geworden. Vielleicht lagen meine Prägungen im Elternhaus dazu doch zu sehr im humanistischen, geisteswissenschaftlichen und künstlerischen Bereich. Dennoch setzte ich in der Praxis auch die ein oder andere mir sinnvoll erscheinende, verhaltenstherapeutische Methode und Technik ein. Dabei denke ich aber sicherlich nicht wie ein typischer Verhaltenstherapeut.

Der große Verdienst der Verhaltenstherapie liegt sicherlich im Bereich der Forschung. Und ihre Nähe zur Naturwissenschaft hat auch ihre Vorteile, so wird hier zumindest der Versuch unternommen, einer Objektivität und Überprüfbarkeit möglichst Nahe zu kommen.

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